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Bitte beachten: Dieses ist ein klassischer Parkscout-Artikel, der bestmöglichst an das neue Layout angepasst wurde
16.06.2007 | Freizeitparks | Kolumnen

Herre sagt an: Mein Leben als Zombie - Teil 2


Aufmerksame Leser werden sich sicherlich noch an den ersten Teil erinnern können, in dem unser Kolumnen-Autor von seinem Job im Horror-Labyrinth des Heide-Parks berichtet hat. In der Zwischenzeit waren er und seine Mitspuker nicht faul und sind mobil geworden: mit der Geisterbahn "Geister-Tempel" von Christa Fellerhoff.

Klar, bei Parkscout geht es um Parks. Wagen wir heute trotzdem mal einen Ausflug auf die Kirmes. Genauer gesagt: In den "Geister-Tempel", eine gigantische, 3-stöckige Geisterbahn von Mack aus der Blütezeit der deutschen Schaustellerei, der frühen 70er Jahre. Als wir, die Boo Crew, von der ich ein Gründungsmitglied bin, gerade unser Engagement im Heide-Park beendet hatten, waren wir natürlich heiß auf eine Fortsetzung. Und wir wollten auf keinen Fall ein Jahr darauf warten. Bei einem Bummel über den Hamburger DOM, das größte Volksfest im Norden, kamen wir auf die spontane Idee, doch mal einfach bei einer Geisterbahn zu fragen, ob die nicht ein paar professionelle Erschrecker gebrauchen könnten. Gesagt, getan – und Christine Fellerhoff, auf allen Kirmesplätzen nur "die Christa", war sofort begeistert. Im wahrsten Wortsinn. Und ihre Bahn war perfekt für das, was wir vorhatten: groß und mit klassischen, offenen 2-Personen-Chaisen, die eine lange Fahrtstrecke zu absolvieren hatten.

Boo Crew
Auf dem Sommerdom 2006 ging es los: Die Chefin mietete Garderoben- und Sanitär-Container für die Gruppe, und von nun an war jeden Tag Gruseltime angesagt. Immer ab 18:30 Uhr. Die Bahn stand auf jener Veranstaltung auf einem der begehrten Kopfplätze, das heißt an einer Ecke in der Wegeführung auf der Kirmes, welche die Besucher also direkt auf die imposante Front der Bahn zulaufen ließ. Das führte dazu, dass sich oft bis zu 300 Leute vor der Bahn stauten, die schadenfroh zusahen, wie einer meiner Kollegen auf einem der Balkone der Bahn den Chaisen hinterher jagte und die Leute erschreckte. Für die gegenüber stehenden Geschäfte bedeutete dies natürlich eine konsequente Rückenparade. Aber so ist Kirmes eben.

Leider zog ich mir während der Spielzeit einen Muskelfaseriss zu und konnte nicht mehr all zu aktiv mitspuken. Eine Lösung musste her – und sie wurde gefunden. Ich bekam eine Einweisung in die Bedienung der Bahn und machte fortan den Einstieg, wo ich mit wenig Bewegung und vielen Worten die Leute ins Dunkel schickte. Was zu Beginn noch relativ standardisierte Texte waren, entwickelte sich im Laufe der Zeit zu ausgereiftem Improvisationstheater mit tiefen Einblicken in die menschliche Psyche. Unglaublich, was für Fragen einem die Leute alle beantworten, wenn man sie nur richtig fragt. Man kann sich denken, wie es weiterging: Auch nach meiner Genesung und auf den Folgeveranstaltungen blieb der Einstieg "mein" Platz, und mittlerweile habe ich Fahrgäste im mittleren fünfstelligen Bereich mit bösen Sprüchen auf ihre Fahrt vorbereitet. Was da eben so zusammen kommt.

Das Geisterbahn-Publikum teilt sich im Wesentlichen in zwei Lager: zum einen Familien mit Kindern, zum anderen jugendliche Pärchen. Gut erschrecken kann man beide, wobei man bei Kleinkindern natürlich ein wenig mit angezogener Handbremse spuken muss. "Wir haben heute vierteilen, aufschlitzen und auf kleiner Flamme rösten im Angebot" kommt nicht so gut bei einem Dreijährigen. Auch wenn die mitunter überraschend cool sind.

Wenig cool sind in der Regel die Frauen. Von den Männern an ihrer Seite überredet, wollen sie eigentlich nur eins: die Fahrt möglichst schnell hinter sich bringen. Natürlich macht die Arbeit mit solchen Opfern besonders viel Spaß. Kann man sich ja denken. Doch auch die Männer, die eigentlich den Beschützer spielen wollten, kann man kriegen. Im Grunde kriegt man alle. Wir haben mittlerweile so viele fiese Stellen in der Bahn ausfindig gemacht, dass niemand wieder ins Tageslicht entlassen wird, ohne mindestens ein Mal kräftig zusammen gezuckt zu sein. Zuhilfe kommen uns dabei vier Nebelmaschinen und unzählige Strobolampen. Außerdem gibt’s da ja auch noch unsere mechanischen Kollegen. Zusammen ergeben wir ein gutes Team – demnächst zu erleben auf dem Schützenfest in Goslar (Freitags, Samstags und Sonntags) und danach wieder auf dem Hamburger Sommerdom. In diesem Sinne: Wir sehen uns im Dunkeln!






Bitte beachten
Die Texte der Kolumnen-Autoren sind deren persönliche Meinung und decken sich nicht zwangsläufig mit der Meinung der Redaktion Parkscout.

Autoreninfo Tim Herre

Tim Herre ist seit der Grundschulzeit absoluter Park- und Kirmesfan und in der deutschen Szene seit vielen Jahren eine feste Größe. In einschlägigen Freizeitpark-Foren ist Tim unter dem Pseudonym "The Knowledge" aktiv - und ebenso geliebt wie gehasst, geschätzt für sein Wissen und gefürchtet für seine spitze Feder. Dies wird noch zusätzlich durch die Tatsache aufgeladen, dass er nur selten gewillt scheint, ein Blatt vor den Mund zu nehmen. International bekannt ist er durch seine Tätigkeit als freier Autor des Fachmagazins "Kirmes & Park Revue" und als Buchautor für die parkscout Freizeitführer "Freizeitparks in Europa". Im täglichen Leben ist der deutsche Repräsentant des "European Coaster Club" Texter und Konzepter bei einer großen Düsseldorfer Agentur.

© Parkscout / TH