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Bitte beachten: Dieses ist ein klassischer Parkscout-Artikel, der bestmöglichst an das neue Layout angepasst wurde
11.08.2006 | Freizeitparks | Kolumnen

Vester vs. Herre Folge 1: It's a small world


Immer freitags nahmen sich Mike Vester und Tim Herre eine Attraktion vor und "beschrieben" sie auf ihre gewohnt liebenswerte Art und Weise. Und das Beste daran: Sie, liebe Leser, durften sich für die Meinung eines der Kontrahenten entscheiden und auch Ihre Meinung dazu kund tun.

Tipp: Weitere Folgen sowie ältere Kolumnenbeiträge unserer Redakteure finden Sie  hier



Folge 1
It's a Small World

It's a small world - eine Themenfahrt (oder Darkride) im Disneyland Park in Paris und in anderen Disney-Parks weltweit. Mit Booten fährt man durch zuckerbunte Kulissen aus allen erdenklichen Ländern, unterhalten von tanzenden Kinderpuppen. Die erste Installation dieser Attraktion wurde zur Weltausstellung in New York 1964 eröffnet und später in diverse Disney-Parks integriert.

Mike Vester meint:

 

Tim Herre meint:

Daß der testosterongefüllte Körper von Kollege Herre beim bloßen Anblick der Fassade von "It's a small world" zu zittern beginnt, verwundert nicht wirklich. Bei harten Schalen ist auf dieser Welt nun einmal kein Platz für Kitsch und Kunst. Und es ist daher auch nur logisch, daß der erklärte Freund brutaler italienischer Horror-Schmonzetten mit solch buntem Treiben ausgewachsener Fröhlichkeit nicht allzu viel anfangen kann. Wer sich allerdings auch nur einen Hauch Kindlichkeit erhalten hat, muß diese Themenfahrt einfach lieben: Der Soundtrack ist schlicht genial, die pastellfarbenen Szenen wirken wie ein real gewordenes ausklappbares Bilderbuch vergangener Tage, und die Klischees bei den einzelnen vorgestellten Ländern strotzen nur so vor augenzwinkerndem Charme. Wenn Herre hier die fehlende Perfektion der Animatronics oder die Zweidimensionalität der Kulissen bemängelt, hat er schlicht und ergreifend das gestalterische Konzept nicht verstanden, das trotz zahlreicher Kopien in anderen Freizeitparks in seiner gleichzeitig künstlerischen und ambitionierten Ausführung einmalig ist. Aber was will man schon von jemandem erwarten, dessen Kunstverständnis irgendwo zwischen Zombies am Glockenseil und Splatter in Großaufnahmen hin und her pendelt...
Was "It's a small world" vor allem aus der Masse der anderen Attraktionen heraushebt, ist die Funktion als politisches Statement für ein friedliches Miteinander aller Nationen dieser Welt. Entstanden ist der Darkride zum ersten Mal 1964 in den USA anläßlich der Weltausstellung in New York. In einer Zeit, in der Begriffe wie "Eiserner Vorhang" oder "Kalter Krieg" die Welt beherrschten, zeigte Disney in Kooperation mit der UNICEF rund zwei Jahre nach der Kubakrise eine Vision der Welt ohne Krieg und Streit, die von den Besuchern der World Fair mit dem Publikumspreis für die "most charmed attraction" gewürdigt wurde. Daß diese Vision angesichts von Ground Zero und Nahostkonflikt leider nichts an Aktualität verloren hat, zeigt sich an der immer noch großen Beliebtheit der Attraktion, die zu Recht zu den großen Klassikern der Disney-Parks gehört.
  Eigentlich machen wir "Vester vs. Herre" ja nur, damit der werte Schneekugelkönig aus Velbert zum wiederholten Male seine disneyesque verbrämte Meinung zu der bootsfahrenden Brainwash-Anlage kundtun kann. Mir persönlich ist es ja ein völliges Rätsel, wie man den kitschigsten Darkride ever mehr als ein Mal fahren kann, ohne reif für die Klappse zu werden. Wobei ich mir gerade in diesem Punkt bei Kollege Vester ja ohnehin nicht so sicher bin. Schäbige Holzpüppchen in bonbonfarbenem Dekor, untermalt vom nervigsten Soundtrack aller Zeiten, der sich in die innersten Hirnwindungen bohrt und dort meist lange Zeit nicht wieder weg will. Ganz toll! Wer braucht so was? Dauergrinsende Rama-Familien mit einem Hang zu permanenter Fröhlichkeit? Selbst mein 4-jähriger Neffe hatte schon nach der zweiten Kurve die Faxen dicke. Und womit? Mit Fug und Recht! Was Disney uns hier an gequirlten Länder-Klischees auftischt, ist alles - nur nicht Disney! Die sonst für ihre liebevolle Gestaltung bekannten Themenpark-Macher flüchten sich bei "It's a small world" in billigsten Dekor. Die Imagineers mögen das "Konzept" nennen, ich nenne es "peinlich für Disney". Und der sicherlich gut gemeinte Worlds-Fair-Hintergedanke gerät angesichts des nicht zu übersehenden Figuren-Gestümpes und einer klar gegen die Genfer Konventionen verstoßenden Dudelmusik leider komplett in den Hintergrund. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Bei gut gemachten Themenfahrten sitze ich grundsätzlich mit großen Kinderaugen in Boot oder Wagen und lasse mich willfährig in andere Welten entführen. Bei "It's a small world" möchte ich schon kurz nach Verlassen des Bahnhofs mein ganzes Aggressionspotential ausschöpfen. Dieser Ride ist so unnötig, wie ein Kropf: Er nimmt viel Platz weg und nervt schlicht. Kein Wunder, dass sich die Wartezeit hier selten im zweistelligen Minutenbereich befindet. Die Disney-Besucher wissen eben, was gut ist. Und was nicht. Und Kollege Vester mag die Fahrt eh nur, damit er mal wieder ne andere Meinung hat ...



Bitte beachten
Die Texte der Kolumnen-Autoren sind deren persönliche Meinung und decken sich nicht zwangsläufig mit der Meinung der Redaktion Parkscout.

Autoreninfo Mike Vester

Mike Vester beschäftigt sich bereits seit seiner Jugend mit dem Thema Freizeitparks / Kirmes und gehört heute zu den wichtigsten Autoren der Parkscout-Fachredaktion. Sein Hang zu Polemik und Übertreibungen ist zwar legendär, aber wer genau hinhört, merkt schnell, daß er mit seinem Motto "zeitlos, stillos, geschmacklos" zwischen den Zeilen immer genau den Punkt trifft. Der frühere Kleinkunst-Texter ist überzeugter Fan von allem, was mit dem Thema "Disney" zu tun hat und läßt dies auf seine liebenswert schrullige Art auch sicherlich öfter in seine Kolumne einfließen. In diesem Sinne also: Immer vester druff...

Autoreninfo Tim Herre

Tim Herre ist seit der Grundschulzeit absoluter Park- und Kirmesfan und in der deutschen Szene seit vielen Jahren eine feste Größe. In einschlägigen Freizeitpark-Foren ist Tim unter dem Pseudonym "The Knowledge" aktiv - und ebenso geliebt wie gehasst, geschätzt für sein Wissen und gefürchtet für seine spitze Feder. Dies wird noch zusätzlich durch die Tatsache aufgeladen, dass er nur selten gewillt scheint, ein Blatt vor den Mund zu nehmen. International bekannt ist er durch seine Tätigkeit als freier Autor des Fachmagazins "Kirmes & Park Revue" und als Buchautor für die parkscout Freizeitführer "Freizeitparks in Europa". Im täglichen Leben ist der deutsche Repräsentant des "European Coaster Club" Texter und Konzepter bei einer großen Düsseldorfer Agentur.

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