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Bitte beachten: Dieses ist ein klassischer Parkscout-Artikel, der bestmöglichst an das neue Layout angepasst wurde
14.10.2005 | Freizeitparks | Kolumnen

Angriff der Schmierfinken


Jeder Hausbesitzer in einer großen Stadt kann wahrscheinlich ein Lied singen vom alltäglichen Vandalismus, mit dem anscheinend eine ganze Schar jugendlicher Chaoten versucht, sich von einem zivilisierten Miteinander abzugrenzen. Aber auch Freizeitparks haben durchaus Probleme, der geistig prepubertären Horden Herr zu werden, die mit schwarzem Edding bewaffnet überall ihre Spuren hinterlassen.

Hoch im Kurs stehen natürlich gerade die oft aufwendig thematisierten Wartebereiche an Attraktionen. Da es hier oftmals vorkommt, daß man mehr als eine halbe Minute stillstehen muß, juckt es den menschlichen Schmierfinken schon nach Sekunden in den Fingern. Schnell aus dem Rucksack einen Faserstift herausgeholt und schon dürfen alle folgenden Besucher in großen Lettern auf der Holzvertäfelung der Wände lesen, daß Yvonne Pamela Maier mit ihren Freundinnen an diesem Tag den Park besucht haben oder daß Robin Kevin Koslowski ein Techtelmechtel mit der Austauschschülerin aus Noisy Le Grand hat. Dazu noch ein paar lustige Handynummern mit dubiosen sexuellen Angeboten – und fertig ist das literaturnobelpreisverdächtige Kunstwerk, das dann am Ende der Saison von den Parks wieder mit viel Aufwand entfernt werden muß.

Mal ganz abgesehen davon, daß es wahrscheinlich keine Sau interessieren dürfte, daß unser Robin Kevin eine Schwäche für französische Vorort-Ghetto-Mädels hat, möchte man dies auch nicht unbedingt in einer Wild-West-Umgebung des 19. Jahrhunderts lesen.

Ein Freizeitpark bringt nicht unerhebliche finanzielle Mittel auf, um seinen Besuchern eine möglichst perfekte Illusion von anderen Ländern, Welten und Regionen zu bieten – und da passen die literarischen Ergüsse von Koslowski Junior ungefähr genauso gut hin wie eine Regenbogenflagge auf den Petersdom. Allerdings hält diese Erkenntnis die profilierungneurotischen Kritzler kaum davon ab, sich auch weiterhin bei jeder Gelegenheit zu verewigen.

Was für den Nachwuchs ein Heidenspaß zu sein scheint, entwickelt sich aber zusehends zu einem Ärgernis für die anderen Besucher und natürlich vor allem für den Freizeitpark selbst. Dieser muß nämlich kontinuierlich seine Wartebereiche an den Attraktionen renovieren, was natürlich nicht gerade günstig ist und das meist ohnehin knappe Budget weiter einschränkt.

Ein Patentrezept gegen die Nachwuchs-Philosophen und Hobby-Maler scheint es nicht zu geben. Sicherlich kann man den Schaden reduzieren, indem der Park eine so hohe Kapazität an seinen Attraktionen fährt, daß die Warteschlange im Prinzip immer in Bewegung bleibt. Nur leider ist dies bei vielen Fahrgeschäften aus den unterschiedlichsten Gründen schlicht nicht möglich. Der Verzicht auf eine opulente Thematisierung des Anstehbereiches würde zwar weniger Angriffsfläche für Edding & Co. bieten – allerdings ist es auf der anderen Seite ja gerade diese Liebe zum Detail, die einen wirklich guten Themenpark von einer Dauerkirmes unterscheidet und viel zu der von den Besuchern gewünschten Atmosphäre beiträgt.

Der Leidtragende bei der ganzen Geschichte ist dabei der normale Gast: Entweder werden die finanziellen Mittel für die Beseitigung der Schmierereien an anderer Stelle eingespart (zum Beispiel für neue Dekoelemente) oder sie werden auf den Eintrittspreis umgelegt. Der wirtschaftliche Schaden, der im Prinzip nichts anderes ist als das Resultat von Langeweile, Zerstörungslust und offensichtlicher Dummheit, ist auf jeden Fall enorm.



Bitte beachten
Die Texte der Kolumnen-Autoren sind deren persönliche Meinung und decken sich nicht zwangsläufig mit der Meinung der Redaktion Parkscout.

Autoreninfo Mike Vester

Mike Vester beschäftigt sich bereits seit seiner Jugend mit dem Thema Freizeitparks / Kirmes und gehört heute zu den wichtigsten Autoren der Parkscout-Fachredaktion. Sein Hang zu Polemik und Übertreibungen ist zwar legendär, aber wer genau hinhört, merkt schnell, daß er mit seinem Motto "zeitlos, stillos, geschmacklos" zwischen den Zeilen immer genau den Punkt trifft. Der frühere Kleinkunst-Texter ist überzeugter Fan von allem, was mit dem Thema "Disney" zu tun hat und läßt dies auf seine liebenswert schrullige Art auch sicherlich öfter in seine Kolumne einfließen. In diesem Sinne also: Immer vester druff...

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