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Bitte beachten: Dieses ist ein klassischer Parkscout-Artikel, der bestmöglichst an das neue Layout angepasst wurde
14.12.2010 | Freizeitparks | Magazin

Der Herr der Coaster – Anton Schwarzkopf


Der gebürtige Schwabe Anton Schwarzkopf hat die internationale Achterbahn-Welt revolutioniert wie kein Zweiter. Ohne ihn und seine Firma gäbe es heute weder risikofrei befahrbare Loopings noch reine Stahlachterbahnen. Oder sie wären zumindest deutlich später auf den Markt gekommen. Und auch der Aufbau von Achterbahnen wäre ohne Schwarzkopf deutlich aufwendiger. Doch der Reihe nach.

Anton Schwarzkopf (Foto: Tim Herre)
Als Schwarzkopf am 8. Juli 1927 in Behlingen im schwäbischen Landkreis Günzburg zur Welt kam, konnte noch niemand ahnen, dass er etwa 30 Jahre später beginnen würde, die bis dahin geltenden Gesetze des Achterbahn-Baus auf den Kopf zu stellen. Kontakt zur Welt der Kirmes und Schaustellerei bestand zwar schon damals durch den Stellmacherbetrieb seines Vaters, den Anton später übernahm, nur hatte er damals eben mehr mit den Wohnwagen und Transportgeräten der Schausteller zu tun, als mit deren Fahrgeschäften. Dies änderte sich Mitte der 50er Jahre, als die Schwarzkopf GmbH begann, Umbauten an Vergnügungsgeschäften vorzunehmen. Etwa zur gleichen Zeit, 1955, begann Schwarzkopf auch mit seiner ersten Eigenkonstruktion, der "Düsenspirale", die im Auftrag Gottlieb Löffelhardts, seines Zeichens Schausteller und späterer Besitzer des Phantasialands in Brühl bei Köln, gebaut wurde und 1957 in Betrieb ging. Es handelte sich um ein sehr gewaltiges und aufwendiges Konstrukt, das dennoch für den Transport vorgesehen war. Bis zu 24 Personen konnten sich hier gleichzeitig in 6 Wagen über die 34 Meter lange Strecke jagen lassen – mit bis zu 40 Stundenkilometern. Die "Düsenspirale" war die erste Achterbahn aus dem Hause Schwarzkopf – aber bei weitem nicht die populärste. Die entstand erst neun Jahre später: die legendäre "Wildcat", die erste komplett in Stahlbauweise gefertigte Achterbahn der Welt. Das erste Exemplar wurde für Schippers van der Ville gebaut und war bis in die 80er Jahre in Betrieb. Es handelte sich um eine Bahn, die sich vom Stil her in etwa mit der heutigen "Wilden Maus" vergleichen lässt.

Die Passagiere rasen in kleinen Autos für bis zu vier Personen durch enge Kurven und über kleine Hügel. Mit dieser Konstruktion begann die persönliche Achterbahnfahrt Anton Schwarzkopfs so richtig. Und wie es sich gehört, ging es erst mal steil nach oben. 1965 konstruierte er die ebenfalls zur Legende gewordene "Bayernkurve", es folgten Bahnen der "Jet Star"-Reihe, der "Speedracer" und der "Alpenblitz". 1976 dann der nächste Coup: in Zusammenarbeit mit dem Ingenieur Werner Stengel läutete er mit dem vertikalen Looping auf der "Great American Revolution" ein neues Zeitalter der Achterbahngeschichte ein. Zwar gab es schon vor dem Zweiten Weltkrieg Achterbahnen, in die ein Looping eingebaut war, allerdings barg dieser durch seine genau kreisrunde Form erhebliche gesundheitliche Risiken für die Passagiere.

Das Revolutionäre der neuen Bauweise bestand darin, dass genau diese kreisrunde Form aufgegeben wurde. Stattdessen wurde die Ein- und Ausfahrt in den Looping abgeflacht, wodurch die auf die Passagiere einwirkenden Kräfte deutlich reduziert wurden. Der neue vertikale Looping der "Great American Revolution" hatte nun die Form einer Klotoide und ermöglichte endlich ein gefahrloses Fahrvergnügen. Ihre neue Heimstätte fand diese Bahn im Park Six Flags Magic Mountain im kalifornischen Valencia, wo sie bis heute ihre Runden dreht. 1981 wurde die Bahn in La Revolución umbenannt und erhielt sechs Jahre später ihren heutigen Namen "Revolution". Kurzzeitig war sie vor allem Kinofans aber auch unter dem Namen "Magic Mountain" (in der deutschen Version: "Zauberberg") bekannt und erlangte im Film "Rollercoaster" ("Achterbahn") auch auf der Leinwand einige Berühmtheit.

Revolutionäre Ideen

Schwarzkopf revolutionierte mit seinen Konstruktionen aber nicht nur Form und Material der Achterbahnen, sondern auch die Modalitäten ihres Auf- und Abbaus. Schwierigkeiten, die sich hierbei vor allem bei transportablen Coastern ergaben, waren Anton Schwarzkopf nicht unbekannt, zog doch sein Bruder Franz, ebenfalls im Familienunternehmen tätig, mit Schaustellern der Firma Löffelhardt durch die Lande und half beim Auf- und Abbau der Düsenspirale. Dieses Fahrgeschäft war allerdings, wie oben erwähnt, sehr groß und schwer, was beim Transport und Aufbau erhebliche Probleme mit sich brachte. Diese waren wohl auch ein Grund dafür, dass sich die erste Schwarzkopf-Achterbahn nur sehr schwierig verkaufte und ihr Betrieb nach einigen Gastspielen, zum Beispiel im Wiener Prater, eingestellt wurde. Aber auch der Aufbau anderer Achterbahnen gestaltete sich in dieser Zeit noch äußerst schwierig, ein solches Fahrgeschäft bestand eben nicht nur aus einer großen Anzahl an Stützpfeilern, sondern seine einzelnen Komponenten mussten auch mühsam mit Schrauben aneinander befestigt werden. Insgesamt also ein sehr aufwändiges Verfahren. In den 70er Jahren entwickelte Schwarzkopf nun ein System, das dieses Prozedere maßgeblich vereinfachte: das sogenannte "Konus-Stecksystem". Dieses System ermöglichte es, fast vollständig auf umständliche Verschraubungen zu verzichten. Die Einzelteile werden einfach zusammengesteckt und mit Bohlen und Splints befestigt. Auch die Anzahl der Stützpfeiler konnte so verringert werden. Die erste Achterbahn, bei der dieses neue System zum Einsatz kam, war der transportable "Looping Star", der für Oscar Bruch & Fritz Kinzler hergestellt wurde und 1978 in Betrieb ging.

Der "Looping Star" in Slagharen
Aber nicht nur im Bereich der Achterbahnen machte sich Anton Schwarzkopf einen Namen, auch viele andere Fahrgeschäfte gehen unmittelbar auf ihn zurück. So entwarf er Ende der 70er Jahre die "Almhütt'n" für den Schausteller Willenborg, das damals höchste Riesenrad, das noch heute jährlich auf dem Münchener Oktoberfest zu sehen ist. Ebenfalls noch in Betrieb sind einige der Fahrattraktionen, die Schwarzkopf für das "Phantasialand" in Brühl bei Köln entworfen hatte. Seine Arbeit hierfür geht übrigens auf seine langjährige Freundschaft mit dem Gründer dieses Freizeitparks, Gottlieb Löffelhardt, zurück. So können sich die Besucher noch heute mit der Geister-Rikscha durch die unterirdische asiatische Mythenwelt kutschieren lassen oder in der Silbermine die Zeit des mexikanischen Bürgerkriegs miterleben.

Mitte der 80er Jahre begann aber trotz der geschilderten Erfolge die Talfahrt des Schwarzkopf'schen Unternehmens. Und ganz wie bei einer Achterbahn ging es ziemlich rasant bergab. Bereits 1983 erfolgte der erste Konkurs, der die Produktion der "Flugbahn" verhinderte, die für den amerikanischen Park Bush Gardens gebaut werden sollte, und die wahrscheinlich die erste funktionsfähige Hängeachterbahn (Suspended Coaster) der Welt gewesen wäre. Ursachen für die überraschende Pleite waren unter anderem ein geplatzter Großauftrag aus Venezuela, der Tod des Direktors der kreditgebenden Bank und eine zu große Anzahl von Überstunden der Mitarbeiter der Schwarzkopf GmbH sowie die Tatsache, dass von drei Anlagen vom Typ "Münchner Bahn" nur eine einzige fertiggestellt werden konnte. Ein zweiter Konkurs folgte während der Produktion der legendären Achterbahn "Thriller", die der deutsche Schausteller Oscar Bruch in Auftrag gegeben hatte. Diese Achterbahn wurde von der Firma Pleißenberg vollendet, die schon zuvor als Lieferant von Stahlkomponenten mit der Schwarzkopf GmbH zusammengearbeitet hatte. Heute ist die Anlage unter dem Namen "Tsunami" im mexikanischen Park Isla San Marcos Parque Temático in Betrieb. Nach diesem zweiten Konkurs gründete Schwarzkopf ein kleines Konstruktionsbüro mit dem er Anlagen und Komponenten für verschiedene Firmen entwickelte. In dieser Zeit entstanden unter anderem die "Lisebergbanan" und die "Bavarian Mountain Railroad" für ZIERER/ BHS, der "Olympia Looping" und die "Andalusia Railroad" für BHS sowie die "Venus" für MAURER SÖHNE. Auch von diesen Bahnen ist ein Großteil bis heute in Betrieb.

1995 zog sich Anton Schwarzkopf, bereits seit neun Jahren an der Parkinson erkrankt, aus dem aktiven Geschäftsleben zurück, stand seinem Sohn und Nachfolger Wieland Schwarzkopf aber weiterhin mit Rat und Tat zur Seite. Ein Jahr später wurde er auf der Fachmesse Interschau in München mit dem Ehrenpreis des Verbandes der deutschen Vergnügungsanlagenhersteller ausgezeichnet. Die Laudatio hielt sein langjähriger Freund und Weggefährte Gottlieb Löffelhardt. Anton Schwarzkopf starb am 30. Juli 2001 im Alter von 87 Jahren in Dinkelscherben, einer Ortschaft etwa 25 Kilometer westlich von Augsburg. Ein Freizeitpark ohne seine innovativen Ideen wäre heute undenkbar.

© parkscout/US, Foto: Tim Herre