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18.09.2012 | Kolumnen | Freizeitparks

Freizeitparks im TV


Pseudo-dokumentarische Berichte gehören schon seit geraumer Zeit zum Fernsehen wie das Salz auf die Pommes Frites. Und wie mit schöner Regelmäßigkeit die kleinen Hoppelhäschen in den Vorstadtgärten zu Ostern die bunten Eier für den Nachwuchs verstecken und zu Halloween die Monster aus ihren Gräbern gekrochen kommen, mussten wir auch dieses Jahr wieder diverse Berichterstattungen über die künstlichen Welten in den deutschen Medien über uns ergehen lassen – auch wenn es sich oft dabei um steinalte Wiederholungen handelt.

Eigentlich eine feine Sache, welche idealerweise zur Entscheidungshilfe für unentschlossene Besucher dienen könnte – zu dumm nur, dass in den diversen TV-Produktionen schon längst der Boulevard über die Information gesiegt hat. Ohne einen pickeligen Achterbahnfan, der von einem Kamerateam begleitet wird, läuft so gut wie nichts mehr – der Coasterfreak als grenzdebiler Einzelgänger, der bei seinem ach so lebensgefährlich erscheinenden Hobby unbeschwert in die Linse grinst, bestimmt das Bild des mediengerechten Freizeitparkbesuchers. Dass eine Autofahrt von Hamburg nach München statistisch weitaus riskanter ist als die höchste und schnellste Achterbahn, dürfte sich zwar auch in den Redaktionen der entsprechenden Medien herumgesprochen haben – aber eine reißerische Aufmachung bei den Berichten verkauft sich nun einmal besser: "Nervenkitzel auf den Höllenmaschinen" ist scheinbar das, was Fernseh-Deutschland sehen möchte – korrekte physikalische Erklärungen oder gar Reisemagazinformate über das Thema müssen in den Hintergrund treten.

Die Muster wiederholen sich

Das oft genutzte Muster bei solchen Produktionen ist leicht zu durchschauen: Zuerst werden ein paar Coaster herausgesucht, die möglichst rekordverdächtige Zahlen zu bieten haben. Mehr schlecht als recht recherchiert, gibt es dann Attribute der Superlative, bei denen ein normal denkender Mensch den Eindruck haben muss, dass es sich bei Achterbahnfans um potentielle Selbstmörder handelt. Und ganz wichtig: Es muss menscheln bis die Schwarte kracht! Der leicht verschrobene Fan, der wie einst John Wayne allen Gefahren trotzt und unbeirrt auf seinem stählernen Ross über die Schienen reitet, während dem scheinbar normalen Besucher, der hinter ihm sitzt, das Entsetzen ins Gesicht geschrieben steht. Unterlegt mit einem Sprecher, der pausenlos Vergleiche zum Kunstflug oder gar Astronautentraining zieht, zeigt ein solcher Bericht ein Bild, das nicht unbedingt der Realität entspricht, aber gut zum Klischee passt.

Während ein Freizeitparkbesuch zum Beispiel in den Niederlanden oft in die jährliche Urlaubsplanung einbezogen wird, hat dies in Deutschland immer den faden Beigeschmack der Infantilisierung: Ein erwachsener Mensch fährt zu Mickey Mouse und hat auch noch Spaß daran? Nein, im Land der Dichter und Denker beobachtet man den Freizeitparkgänger oft mit Unverständnis und beschäftigt sich stattdessen lieber tagelang mit der gesellschaftlich ach so relevanten Problematik, ob das neue Büchlein von Bettina Wulff den Literaturnobelpreis bekommen sollte.

Welchen Impact dieses auf die hiesigen Freizeitparks hat, dürfte schwer zu errechnen sein. Auf der einen Seite ist es sicherlich eine gute Werbung für einen Park, wenn er im TV zu sehen ist. Auf der anderen Seite hingegen dürften wohl auch potentielle Besucher von dem überzeichneten Image eines normalen Tagesgastes abgeschreckt werden – von dem der in die Öffentlichkeit gezerrten Fans mal ganz zu schweigen.

© parkscout/MV