Bitte beachten: Dieses ist ein klassischer Parkscout-Artikel, der bestmöglichst an das neue Layout angepasst wurde
10.02.2006 | Freizeitparks | Kolumnen
Wir werden eben nicht jünger
Höher, schneller, weiter: Das war jahrelang das Credo der internationalen Freizeitpark-Szene. In den USA lieferten und liefern sich nicht nur die beiden Großunternehmen Cedar Fair und Six Flags einen wahren Wettlauf um das thrillsüchtige Teeniepublikum. Doch mittlerweile gibt es einen interessanten Gegentrend: Viele Parks haben erkannt, dass die Bevölkerung im Schnitt immer älter wird – und wollen in Zukunft verstärkt auf die Zielgruppe "50+" setzen.
Die zunehmende Geburtenfaulheit und die daraus resultierende Überalterung der Gesellschaft in den meisten Industrieländern sind schuld daran, dass dieses eigentlich alte Thema nun immer mehr dramatische Aktualität erhält. Denn dass nur die wenigsten Über-50-jährigen etwas mit Überschlags-Achterbahnen oder magenumdrehenden Karussells anfangen können, das sollte selbst der betriebsblindeste Geschäftsführer aus seinen Besucherbefragungen herauslesen können. Das Dumme ist nur: wo im Kampf um die Jungen die Richtung klar war, herrscht beim Werben um die bisher lediglich im Augenwinkel beachteten Älteren allgemeine Ratlosigkeit. Denn leider ist die Realität nicht so einfach wie das Computerspiel Rollercoaster Tycoon, wo man die gesetzteren Parkbesucher mit Bepflanzungen und ein paar Parkbänken abspeisen kann.
Die gewieften Marketingstrategen haben bereits einen knackigen Begriff für die in Zukunft höher im Kurs stehenden Oldies aus der Taufe gehoben: "Young at Heart" nennt man die 50+-Generation neuzeitlich, was die Lösung des Problems freilich nicht einfacher macht. Man flüchtet sich in Standardkonzepte wie eine hochwertigere Gastronomie, doch die kostet auch Geld, verlangt im Vergleich zu Convenience Food meist eine komplizierte Logistik, eine höhere Anzahl an Mitarbeitern und – ganz großer Nachteil – steht nicht in der Zeitung. So wie die Achterbahnen, die man für die Jüngeren bauen kann. Wichtige Multiplikatoren, die bei der Premiere von Großattraktionen wie automatisch arbeiten, fallen beim Bau von gemäßigten Neuinvestitionen weg, und für ein neues Bedienungsrestaurant fuhr noch kein TV-Team in einen Freizeitpark.
Dabei ist die Bevölkerungsentwicklung natürlich nicht erst seit gestern bekannt: Wir werden immer älter und kriegen immer weniger Kinder. Und ebenfalls schon länger kann man beobachten, dass sich selbst an alten Wildwasserbahnen, die von ihrem Fahrablauf her für die ganze Familie geeignet sind und niemanden aussperren, die Besucher die Beine in den Bauch stehen, während selbst gewagteste Achterbahnen schwächer frequentiert werden, als die oft ebenso gewagten Investitionssummen vermuten und erhoffen lassen.
Daniel M. Snyder, der jetzt beim weltgrößten Parkbetreiber Six Flags das Sagen hat, spricht schon in großen Worten vom "höherwertigen Parkerlebnis", das er dem anspruchsvollen Zirkel der "Young at Heart" bieten will, erklärt jedoch nicht, was dies einer mit Preiserhöhung auf disneyesque 60 Dollar und 15 Dollar Parkgebühr zu tun hat. Bei Star Parks, dem größten Anbieter in Europa zeigt man sich zumindest problembewusst und hat realisiert, dass die 12 – 17-jährigen Adrenalinfans die Familien vertreiben und promoted aus diesem Grund die bei erstgenannter Gruppe so hoch im Kurs stehenden Jahreskarten bewusst zurückhaltend. Doch angesichts der Preisentwicklung im Bereich der Tageseintrittskarten – und das gilt nicht nur für die USA – sollten die Verantwortlichen auch nicht aus den Augen verlieren, dass die so beliebten Familien auch keine Kühe sind, die ewig Milch geben. Die bisher als kontinentaleuropäischer Schwellenpreis geltenden 25 Euro, die gefühlten 50 Mark also, sind von einigen schon länger überschritten worden. Freizeitparks sind gerade dabei, einen wichtigen Consumer Insight zu verspielen: "In einem Freizeitpark bekomme ich mehr für mein Geld, denn ich kann alles so oft benutzen, wie ich will und spare im Vergleich zum Kirmesbesuch." Das wird längst nicht mehr so gesehen. Und bei aller Freude an den neu entdeckten 50plussern sollten die werten Parkbetreiber bloß nicht die Preisschraube so weit anziehen, dass die Kernzielgruppe der Familien sich den Spaß nicht mehr leisten kann oder will. In diesem Sinne: Wir sehen uns im Park!
Die zunehmende Geburtenfaulheit und die daraus resultierende Überalterung der Gesellschaft in den meisten Industrieländern sind schuld daran, dass dieses eigentlich alte Thema nun immer mehr dramatische Aktualität erhält. Denn dass nur die wenigsten Über-50-jährigen etwas mit Überschlags-Achterbahnen oder magenumdrehenden Karussells anfangen können, das sollte selbst der betriebsblindeste Geschäftsführer aus seinen Besucherbefragungen herauslesen können. Das Dumme ist nur: wo im Kampf um die Jungen die Richtung klar war, herrscht beim Werben um die bisher lediglich im Augenwinkel beachteten Älteren allgemeine Ratlosigkeit. Denn leider ist die Realität nicht so einfach wie das Computerspiel Rollercoaster Tycoon, wo man die gesetzteren Parkbesucher mit Bepflanzungen und ein paar Parkbänken abspeisen kann.
Die gewieften Marketingstrategen haben bereits einen knackigen Begriff für die in Zukunft höher im Kurs stehenden Oldies aus der Taufe gehoben: "Young at Heart" nennt man die 50+-Generation neuzeitlich, was die Lösung des Problems freilich nicht einfacher macht. Man flüchtet sich in Standardkonzepte wie eine hochwertigere Gastronomie, doch die kostet auch Geld, verlangt im Vergleich zu Convenience Food meist eine komplizierte Logistik, eine höhere Anzahl an Mitarbeitern und – ganz großer Nachteil – steht nicht in der Zeitung. So wie die Achterbahnen, die man für die Jüngeren bauen kann. Wichtige Multiplikatoren, die bei der Premiere von Großattraktionen wie automatisch arbeiten, fallen beim Bau von gemäßigten Neuinvestitionen weg, und für ein neues Bedienungsrestaurant fuhr noch kein TV-Team in einen Freizeitpark.
Dabei ist die Bevölkerungsentwicklung natürlich nicht erst seit gestern bekannt: Wir werden immer älter und kriegen immer weniger Kinder. Und ebenfalls schon länger kann man beobachten, dass sich selbst an alten Wildwasserbahnen, die von ihrem Fahrablauf her für die ganze Familie geeignet sind und niemanden aussperren, die Besucher die Beine in den Bauch stehen, während selbst gewagteste Achterbahnen schwächer frequentiert werden, als die oft ebenso gewagten Investitionssummen vermuten und erhoffen lassen.
Daniel M. Snyder, der jetzt beim weltgrößten Parkbetreiber Six Flags das Sagen hat, spricht schon in großen Worten vom "höherwertigen Parkerlebnis", das er dem anspruchsvollen Zirkel der "Young at Heart" bieten will, erklärt jedoch nicht, was dies einer mit Preiserhöhung auf disneyesque 60 Dollar und 15 Dollar Parkgebühr zu tun hat. Bei Star Parks, dem größten Anbieter in Europa zeigt man sich zumindest problembewusst und hat realisiert, dass die 12 – 17-jährigen Adrenalinfans die Familien vertreiben und promoted aus diesem Grund die bei erstgenannter Gruppe so hoch im Kurs stehenden Jahreskarten bewusst zurückhaltend. Doch angesichts der Preisentwicklung im Bereich der Tageseintrittskarten – und das gilt nicht nur für die USA – sollten die Verantwortlichen auch nicht aus den Augen verlieren, dass die so beliebten Familien auch keine Kühe sind, die ewig Milch geben. Die bisher als kontinentaleuropäischer Schwellenpreis geltenden 25 Euro, die gefühlten 50 Mark also, sind von einigen schon länger überschritten worden. Freizeitparks sind gerade dabei, einen wichtigen Consumer Insight zu verspielen: "In einem Freizeitpark bekomme ich mehr für mein Geld, denn ich kann alles so oft benutzen, wie ich will und spare im Vergleich zum Kirmesbesuch." Das wird längst nicht mehr so gesehen. Und bei aller Freude an den neu entdeckten 50plussern sollten die werten Parkbetreiber bloß nicht die Preisschraube so weit anziehen, dass die Kernzielgruppe der Familien sich den Spaß nicht mehr leisten kann oder will. In diesem Sinne: Wir sehen uns im Park!
Bitte beachten
Die Texte der Kolumnen-Autoren sind deren persönliche Meinung und decken sich nicht zwangsläufig mit der Meinung der Redaktion Parkscout.
Die Texte der Kolumnen-Autoren sind deren persönliche Meinung und decken sich nicht zwangsläufig mit der Meinung der Redaktion Parkscout.
Autoreninfo Tim Herre
Tim Herre ist seit der Grundschulzeit absoluter Park- und Kirmesfan und in der deutschen Szene seit vielen Jahren eine feste Größe. In einschlägigen Freizeitpark-Foren ist Tim unter dem Pseudonym "The Knowledge" aktiv - und ebenso geliebt wie gehasst, geschätzt für sein Wissen und gefürchtet für seine spitze Feder. Dies wird noch zusätzlich durch die Tatsache aufgeladen, dass er nur selten gewillt scheint, ein Blatt vor den Mund zu nehmen. International bekannt ist er durch seine Tätigkeit als freier Autor des Fachmagazins "Kirmes & Park Revue" und als Buchautor für die parkscout Freizeitführer "Freizeitparks in Europa". Im täglichen Leben ist der deutsche Repräsentant des "European Coaster Club" Texter und Konzepter bei einer großen Düsseldorfer Agentur.
© Parkscout/TH