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29.04.2013 | Magazin | Zoos und Tierparks

Carl Hagenbeck, Teil 2


Carl Hagenbeck war zweifellos ein Revolutionär: Revolutionär nämlich, in Sachen modernder Tierhaltung. Schon in seiner Zeit als Zirkusdirektor setzte Hagenbeck neue Maßstäbe im Sinne einer artgerechteren Tierhaltung. Zu seinen Unternehmungen gehörte bereits seit 1887 "Carl Hagenbecks Internationaler Circus und Singhalesen-Karawane", und hier war es auch, wo er speziell im Umgang mit Löwen neue Wege ging. Hatte man vorher eine nicht erwünschte Reaktion der Tiere bestraft, so setzte Hagenbeck nun auf das Prinzip der Belohnung.

Mit viel Geduld brachte er so den Raubkatzen das "richtige" Verhalten bei. In seiner Biografie "Von Tieren und Menschen" ist zu diesem Thema zu lesen, dass es vor allem die Erkenntnis war, dass Tiere in vielen Dingen dem Menschen ähnlich seien, die Hagenbeck zu einer neuen Form der Dressur veranlassten. Die Tiere, so Hagenbeck, reagierten auf Bosheit mit Bosheit, auf Freundschaft aber mit Freundschaft, eine Annahme, die beinhaltet, dass es nicht nur darum ging, das Leid der Tiere zu mindern, sondern dass vielmehr auch das Verhältnis von Tier und Dompteur verbessert werden sollte. Nicht mehr Macht über andere Lebewesen stand im Mittelpunkt, sondern vielmehr gegenseitiges Vertrauen zwischen Mensch und Tier. Was damals noch revolutionär war: längst hat es sich zu einem Standard in der modernen Dressur entwickelt. Und auch auf anderem Gebiet sollte der Hamburger Visionär schon bald neue Maßstäbe setzen.

Die vielfältigen Aktivitäten Hagenbecks, der Im- und Export von Tieren, die Züchtung und Kreuzung verschiedenster Arten, sowie der in großem Stil gepflegte Tierhandel machten irgendwann auch größere Flächen zur Unterbringung und Zurschaustellung notwendig. Bereits 1863 war erstmals die Verlegung der Tierausstellung auf ein größeres Grundstück erforderlich geworden. Die Lösung brachte ein Areal auf dem Spielbudenplatz in St. Pauli, das allerdings schon elf Jahre später zugunsten eines wiederum größeren Grundstücks auf dem Hamburger Neuen Pferdemarkt weichen musste. Seinen endgültigen Standort fand der Tierpark schließlich in Stellingen, damals noch ein Hamburger Vorort. Hier war nicht nur genügend Platz für die zum damaligen Zeitpunkt zu beherbergenden Tiere, sondern das Areal bot auch Raum für zukünftige Erweiterungen.

Die Öffnung des Tierparks

Nach langjähriger Planung war es schließlich soweit: 1907 wurde der Tierpark eröffnet. Hier fand Carl Hagenbeck auch die Möglichkeit, sein bereits 1896 zum Patent angemeldetes Konzept von einem "Naturwissenschaftlichen Panorama" in die Realität umzusetzen. Mit dem Ziel, seinen Besuchern nicht einfach nur Tiere, sondern auch das Fremde an sich zu zeigen, importierte der Zoodirektor eben nicht nur Mensch und Tier aus aller Herren Länder, sondern gestaltete auch deren Lebensräume. Analog zu den Völkerschauen, die "exotische" Menschen oftmals in landestypischen Behausungen oder bei der Vorführung (vermeintlich) landestypischer Tätigkeiten gezeigt hatten, sollten auch die Tiere dem Betrachter so vor Augen geführt werden, wie sie in ihrer natürlichen Umgebung lebten: Tiere des Hochgebirges bekamen ein Gehege mit Felsen, Eisbären eine Polarlandschaft und so weiter. Selbst die Wildnis der afrikanischen Steppe war plötzlich mitten im Norden Deutschlands erlebbar.

Aber nicht nur die Gehegegestaltung sondern auch die Abgrenzung zu den Besuchern war neuartig im Hagenbeck'schen Zoo. Dank des weitestgehenden Verzichts auf Zäune und Gitter konnten die Menschen die wilden Exoten so unmittelbar erleben wie nie zuvor. Natürlich wirkende Gehege-Begrenzungen wie Gräben oder Schluchten sorgten für die notwendige Sicherheit. Wie revolutionär dieses uns heute doch so simpel und einleuchtend erscheinende Konzept war, zeigen die ersten Reaktionen anderer Zoodirektoren. Zunächst verwahrte man sich ihrerseits gegen die Einführung solcherart "Hagenbeckereien", eine Haltung freilich, die ob des durchschlagenden Erfolgs der naturalistischen Freigehege bald aufgegeben wurde. Schon bei der Eröffnung durfte sich Hagenbeck über einen großen Besucherstrom freuen, in dem sich auch zahlreiche Ehrengäste – unter anderem die Bürgermeister von Hamburg und Altona – befanden. Heute ist die auf Zäune und Gitter verzichtende Haltung längst nicht mehr nur im Tierpark Hagenbeck zu finden, sondern gilt weltweit als Standard der modernen Zoo-Architektur.

Liebe zu Tieren

Tierhändler, Tieraussteller, Völkerschau-Initiator, Dresseur, Begründer der modernen Zootierhaltung – alles vereint in einer Person, in der Person Carl Hagenbecks. Im Großen und Ganzen steht er uns heute gegenüber als ein großer Charakter und Visionär, dem allerdings auch einige Schattenseiten anhaften. Sein Name wird immer verbunden sein mit der Idee der artgerechten Haltung, mit naturalistischen Freigehegen und der Konzeption moderner Zoos. Was Hagenbeck durch sein ganzes Leben begleitete, war die Liebe zu den Tieren, die er schon im jüngsten Kindesalter vor allem durch das Vorbild des Vaters entwickelte.

In seiner Biografie ist unter anderem zu lesen von acht lebendigen Ratten, die er als Zweijähriger mit nach Hause brachte und die nach – durchaus verständlichem – Protest der Mutter gegen junge Meerschweinchen eingetauscht wurden. Weiter liest man hier von der Überzeugung, dass auch Tiere, ganz ähnlich dem Menschen ernstzunehmende Individuen mit eigenem Charakter seien, die vom Menschen dementsprechend behandelt werden müssten. Die sich aus diesen einfachen Grundannahmen entwickelnden Konzepte erwiesen sich als bahnbrechend und eroberten viele Tierparks dieser Welt. Aber auch in Hamburg trugen die Neuerungen Früchte – und sie tragen sie bis heute: Der von Hagenbeck gegründete Tierpark prosperiert auch im 21. Jahrhundert und erfreut sich auch 100 Jahre nach dem Tod seines Namensgebers hoher Besucherzahlen. Investitionen wie das Tropen-Aquarium aus dem Jahr 2007 oder die Eismeer-Anlage, die im Sommer 2012 eröffnet wurde, veranschaulichen noch heute die Prinzipien des Gründers und weisen dem Zoo den Weg in die Zukunft.

Lesen Sie hier den ersten Teil der Biographie über Carl Hagenbeck

© parkscout/US

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