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Bitte beachten: Dieses ist ein klassischer Parkscout-Artikel, der bestmöglichst an das neue Layout angepasst wurde
01.06.2007 | Freizeitparks | Kolumnen

Herre sagt an: Die Masse macht’s … nicht!


Früher hieß es "Mein Auto, mein Haus, mein Boot." Heute müsste es heißen "Meine Steelies, Meine Woodies, meine Powered Coaster". Das Achterbahnzählen hat wie eine Pest um sich gegriffen, und jene, die in den virtuellen Tabellen hinten liegen, tun alles, um weiter nach oben zu kommen.

Richtig los ging es hierzulande, als ein bekanntes Internetforum zum Thema Kirmes und Freizeitparks seine eigene Zähl-Seite online gestellt hat. Seitdem drehen alle durch: "Counten" ist "in". Dabei scheint das eigentliche Achterbahnerlebnis völlig in den Hintergrund zu treten – was zählt, ist der "Count". Die Anführer der Liste halten sich längst im vierstelligen Bereich auf, doch wie bei der Formel-1 sind es die Positionskämpfe auf den hinteren Rängen, die viel spannender sind, als das lineare Aufschichten von immer und immer mehr Bahnen der senioren Achterbahnfreunde an der Spitze. Und je verzweifelter die Hinterbänkler ihre "Counts" zusammenkratzen, desto absurder werden die Unternehmungen, ein paar Plätze nach vorne zu kommen.

Star dieser Verzweiflungsakte sind die so genannten "Butterflies", 6 Meter hohe Coaster-Winzlinge vom Typ "Shuttle-Coaster". Hier wird ein kleiner Wagen für zwei Personen auf einer V-förmigen Strecke auf der einen Seite hochgezogen, oben ausgeklinkt um dann zwischen den beiden Rampen hin- und herzupendeln, bis er in der Mitte des V wieder zum Stehen kommt. Streng genommen wirklich eine Achterbahn, und deshalb sind auf coaster-count.de auch so ziemlich alle Bahnen dieses Typs aufgeführt. Und jede einzelne bringt den Achterbahnzähler im Ranking einen Platz nach oben. Unzählige hat die Firma Heege Freizeittechnik gebaut, allein in Deutschland soll es über 50 Bahnen dieses Typs geben – man muss sie nur finden, denn in der Bibel der Achterbahnfreunde – der Rollercoaster Database, kurz rcdb.com – werden diese Mini-Coaster verständlicherweise etwas stiefmütterlich behandelt. "Butterflies" finden sich oft in kuriosen Miniparks, selbst auf Spielplätzen wurden sie schon gesichtet – und mittlerweile seitens der Riege der Verzweifelten streng vertraulich behandelt: Wer einen guten "Count" weiß, den nicht jeder kennt, der behält ihn für sich oder verrät ihn nur seinen besten Freunden. Schließlich will man ja noch oben kommen. Und an den anderen vorbei. In der Liste.

Doch die Gewissheit, wohl immer auf den hinteren Plätzen zu stehen, schweißt auch zusammen: Es werden schon regelrechte "Count-Touren" organisiert, wo in mehreren Tagen möglichst viele Winz-Parks angefahren werden, um so viele neue Bahnen zu fahren, wie möglich. Wie fragwürdig es ist, ein und dasselbe Mini-Achterbahn-Modell 10, 20 oder noch mehr Male zu fahren – eine Bahn, die eigentlich für Kinder gedacht ist, eine Bahn, die nun wirklich nur ein absolutes Spurenelement an Fahrspaß oder gar Thrill bietet – das darf sich jeder, der in der Lage ist, weiter als von der Wand zur Tapete zu denken, gerne selber beantworten. Wie hanebüchen es ist, für so was gar extra quer durch Deutschland zu fahren ebenfalls. Der Autor dieser Zeilen kann sich jedenfalls köstlich amüsieren über die kuriosen Methoden derer, die alles für einen "Count" tun würden. Und in dieser Szene muss man ohnehin tolerant sein. In diesem Sinne: Wir sehen uns im Park!






Bitte beachten
Die Texte der Kolumnen-Autoren sind deren persönliche Meinung und decken sich nicht zwangsläufig mit der Meinung der Redaktion Parkscout.

Autoreninfo Tim Herre

Tim Herre ist seit der Grundschulzeit absoluter Park- und Kirmesfan und in der deutschen Szene seit vielen Jahren eine feste Größe. In einschlägigen Freizeitpark-Foren ist Tim unter dem Pseudonym "The Knowledge" aktiv - und ebenso geliebt wie gehasst, geschätzt für sein Wissen und gefürchtet für seine spitze Feder. Dies wird noch zusätzlich durch die Tatsache aufgeladen, dass er nur selten gewillt scheint, ein Blatt vor den Mund zu nehmen. International bekannt ist er durch seine Tätigkeit als freier Autor des Fachmagazins "Kirmes & Park Revue" und als Buchautor für die parkscout Freizeitführer "Freizeitparks in Europa". Im täglichen Leben ist der deutsche Repräsentant des "European Coaster Club" Texter und Konzepter bei einer großen Düsseldorfer Agentur.

© Parkscout / TH