Bitte beachten: Dieses ist ein klassischer Parkscout-Artikel, der bestmöglichst an das neue Layout angepasst wurde
23.09.2005 | Freizeitparks | Kolumnen
Das tote Kapital
Wenn man einen richtig vollen Tag erwischt hat, ist das ärgerlich. Noch ärgerlicher ist allerdings, wenn der Park es trotz hohem Besucherandrang nicht für nötig hält, volle Kapazitäten zu fahren und die Warteschlange sich nur in Mäuseschrittchen vorwärts bewegt. Dabei ist dies nicht nur für die Besucher ein Ärgernis, sondern eigentlich auch für den Park selbst – denn im Wartebereich gefangene Besucher sind totes Kapital.
Neulich im Anstellbereich einer Holzachterbahn: ca. 200 Leute stehen für eine Fahrt an. Das ist nicht viel – zumindest auf den ersten Blick. Es ist nur ein Zug im Einsatz – der zweite steht auf dem Abstellgleis. Gearbeitet wird nicht daran. Ungefähr alle 6 Minuten fährt ein Zug ab. Das heißt: alle 6 Minuten werden maximal 28 Leute aus der Warteschlange abgearbeitet. Eine dreiviertel Stunde Wartezeit also. Eine dreiviertel Stunde, in der 200 Personen zum Nichtstun verdammt sind. Vor allem dazu, nichts zu konsumieren. Egal, ob sie wollen, oder nicht. Ganz zwangsläufig.
Auf den ersten Blick erscheint es verständlich: Wartung und Ersatzteile verschlingen hohe Summen. Die Parks sind naturgemäß bestrebt, ihr Material zu schonen. Das spart Geld, strapaziert aber die Nerven der Besucher. Denn häufen sich die Wartezeiten jenseits der 30-Minuten-Marke, reagieren diese nur selten mit Verständnis – vor allem dann, wenn ungenutzte Kapazitäten so offensichtlich sind, wie bei einem Achterbahnzug auf dem Abstellgleis oder einem Rücklaufbecken voller Rapids-Ride-Boote. Was noch erschwerend hinzukommt: Während er lemminggleich durch den Anstellbereich trottet, bringt der Besucher dem Park nichts ein. Alles, was er in dieser Zeit produziert, ist schlechte Laune. Er kann keine Souvenirs erstehen, er kann keine Getränke kaufen, er kann nichts essen (es sei denn aus dem eigenen Rucksack) – er kann nur warten. Und je länger er wartet, desto größer der wirtschaftliche Verlust für den Park. Da relativieren sich schnell geschonte Radbandagen, Bremsbeläge oder Radlager.
Desto schneller sich eine Warteschlange fortbewegt, desto besser für die Stimmung der Besucher. Diese nicht ganz neue Weisheit schlägt sich allerdings auch auf die Bilanzen der Parks nieder, denn genervte Besucher reagieren nicht selten mit Konsumverzicht. Unzufriedene Besucher erzählen 10 Freunden, wie lange sie wieder in Park X gewartet haben, zufriedene Besucher erzählen es niemandem. Je langsamer es vorwärts geht, desto höher der Frust, desto höher die Gefahr von Vandalismus und Aggression. Umso unverständlicher, warum manche Parks es mit der Materialschonung leider etwas übertreiben.
Aber es ist ja nicht so, dass es überall so ist: Im englischen Alton Towers stehen an einigen Attraktionen Automaten in den Wartebereichen, ebenso im Holiday Park, der seine "beste" Achterbahn der Welt „Expedition G-Force“ auch gerne mal nur im 6-Minuten-Takt fahren lässt, wie genervte Fans immer wieder zu berichten wissen. Das italienische Gardaland hat einen Kiosk innerhalb der Warteschlange seines beliebten Raftings, ebenso der Europa-Park. Letztgenanntes Unternehmen ist ohnehin vorbildlich, was hohe Kapazitäten angeht, und der elektronische Jodelkurs in der Anstellzone seines Kapazitäten-Sorgenkindes Tiroler Wildwasserbahn sucht international wohl seines Gleichen. Schade, dass es nur wenige Parks für nötig halten, dies oder ähnliches nachzumachen.
Schlussendlich wären da noch die zahlreichen Fastpass- oder auch Fasttrack genannten Systeme von Disney und Universal zu erwähnen. Diese sorgen zwar nicht für eine objektiv kürzere Wartezeit, aber immerhin für einen gefühlten Vorteil – zumindest bei denen, die das System nutzen. Und das sind bei weitem nicht alle Besucher, denn sonst würden diese Systeme nicht funktionieren. Wenn alle Welt sich einen Fastpass zieht, wartet alle Welt in der Summe wieder genau so lange, wie vorher. Diese Systeme sind also nur Krücken, die das Problem nur verwässern, anstatt es zu entschärfen. Es hilft also alles nichts: Kapazitäten sollten ausgenutzt werden, wenn das Material es zulässt. Die Sicherheit steht natürlich an erster Stelle, doch gleich nach ihr kommt die Besucherzufriedenheit. Und nicht Profitmaximierung durch Materialschonung. In diesem Sinne: Wir sehen uns im Park – und hoffentlich nicht im Wartebereich ...
Neulich im Anstellbereich einer Holzachterbahn: ca. 200 Leute stehen für eine Fahrt an. Das ist nicht viel – zumindest auf den ersten Blick. Es ist nur ein Zug im Einsatz – der zweite steht auf dem Abstellgleis. Gearbeitet wird nicht daran. Ungefähr alle 6 Minuten fährt ein Zug ab. Das heißt: alle 6 Minuten werden maximal 28 Leute aus der Warteschlange abgearbeitet. Eine dreiviertel Stunde Wartezeit also. Eine dreiviertel Stunde, in der 200 Personen zum Nichtstun verdammt sind. Vor allem dazu, nichts zu konsumieren. Egal, ob sie wollen, oder nicht. Ganz zwangsläufig.
Auf den ersten Blick erscheint es verständlich: Wartung und Ersatzteile verschlingen hohe Summen. Die Parks sind naturgemäß bestrebt, ihr Material zu schonen. Das spart Geld, strapaziert aber die Nerven der Besucher. Denn häufen sich die Wartezeiten jenseits der 30-Minuten-Marke, reagieren diese nur selten mit Verständnis – vor allem dann, wenn ungenutzte Kapazitäten so offensichtlich sind, wie bei einem Achterbahnzug auf dem Abstellgleis oder einem Rücklaufbecken voller Rapids-Ride-Boote. Was noch erschwerend hinzukommt: Während er lemminggleich durch den Anstellbereich trottet, bringt der Besucher dem Park nichts ein. Alles, was er in dieser Zeit produziert, ist schlechte Laune. Er kann keine Souvenirs erstehen, er kann keine Getränke kaufen, er kann nichts essen (es sei denn aus dem eigenen Rucksack) – er kann nur warten. Und je länger er wartet, desto größer der wirtschaftliche Verlust für den Park. Da relativieren sich schnell geschonte Radbandagen, Bremsbeläge oder Radlager.
Desto schneller sich eine Warteschlange fortbewegt, desto besser für die Stimmung der Besucher. Diese nicht ganz neue Weisheit schlägt sich allerdings auch auf die Bilanzen der Parks nieder, denn genervte Besucher reagieren nicht selten mit Konsumverzicht. Unzufriedene Besucher erzählen 10 Freunden, wie lange sie wieder in Park X gewartet haben, zufriedene Besucher erzählen es niemandem. Je langsamer es vorwärts geht, desto höher der Frust, desto höher die Gefahr von Vandalismus und Aggression. Umso unverständlicher, warum manche Parks es mit der Materialschonung leider etwas übertreiben.
Aber es ist ja nicht so, dass es überall so ist: Im englischen Alton Towers stehen an einigen Attraktionen Automaten in den Wartebereichen, ebenso im Holiday Park, der seine "beste" Achterbahn der Welt „Expedition G-Force“ auch gerne mal nur im 6-Minuten-Takt fahren lässt, wie genervte Fans immer wieder zu berichten wissen. Das italienische Gardaland hat einen Kiosk innerhalb der Warteschlange seines beliebten Raftings, ebenso der Europa-Park. Letztgenanntes Unternehmen ist ohnehin vorbildlich, was hohe Kapazitäten angeht, und der elektronische Jodelkurs in der Anstellzone seines Kapazitäten-Sorgenkindes Tiroler Wildwasserbahn sucht international wohl seines Gleichen. Schade, dass es nur wenige Parks für nötig halten, dies oder ähnliches nachzumachen.
Schlussendlich wären da noch die zahlreichen Fastpass- oder auch Fasttrack genannten Systeme von Disney und Universal zu erwähnen. Diese sorgen zwar nicht für eine objektiv kürzere Wartezeit, aber immerhin für einen gefühlten Vorteil – zumindest bei denen, die das System nutzen. Und das sind bei weitem nicht alle Besucher, denn sonst würden diese Systeme nicht funktionieren. Wenn alle Welt sich einen Fastpass zieht, wartet alle Welt in der Summe wieder genau so lange, wie vorher. Diese Systeme sind also nur Krücken, die das Problem nur verwässern, anstatt es zu entschärfen. Es hilft also alles nichts: Kapazitäten sollten ausgenutzt werden, wenn das Material es zulässt. Die Sicherheit steht natürlich an erster Stelle, doch gleich nach ihr kommt die Besucherzufriedenheit. Und nicht Profitmaximierung durch Materialschonung. In diesem Sinne: Wir sehen uns im Park – und hoffentlich nicht im Wartebereich ...
Bitte beachten
Die Texte der Kolumnen-Autoren sind deren persönliche Meinung und decken sich nicht zwangsläufig mit der Meinung der Redaktion Parkscout.
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Autoreninfo Tim Herre
Tim Herre ist seit der Grundschulzeit absoluter Park- und Kirmesfan und in der deutschen Szene seit vielen Jahren eine feste Größe. In einschlägigen Freizeitpark-Foren ist Tim unter dem Pseudonym "The Knowledge" aktiv - und ebenso geliebt wie gehasst, geschätzt für sein Wissen und gefürchtet für seine spitze Feder. Dies wird noch zusätzlich durch die Tatsache aufgeladen, dass er nur selten gewillt scheint, ein Blatt vor den Mund zu nehmen. International bekannt ist er durch seine Tätigkeit als freier Autor des Fachmagazins "Kirmes & Park Revue" und als Buchautor für die parkscout Freizeitführer "Freizeitparks in Europa". Im täglichen Leben ist der deutsche Repräsentant des "European Coaster Club" Texter und Konzepter bei einer großen Düsseldorfer Agentur.
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