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Bitte beachten: Dieses ist ein klassischer Parkscout-Artikel, der bestmöglichst an das neue Layout angepasst wurde
12.08.2005 | Freizeitparks | Kolumnen

Die Bagger kommen!


Jedes Jahr das gleiche Spiel: wenn ein Bauzaun aufgestellt wird, dauert es meist keine 5 Minuten, bis die ersten Fans die Kameras zücken und das Gedränge an den Astlöchern groß wird – egal, wie wenig es schon zu sehen gibt. Jede Baugrube wird aus allen möglichen Perspektiven digital abgelichtet und oft noch am gleichen Tag per Internet der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das Problem: oft geschieht dies zum großen Ungemach der Parks.

Fans können nerven. Das ist nichts Neues. Manche Fans können sogar richtig lästig werden. Auch das ist bekannt. Und wenn durch die ganz Harten, die fast schon den Begriff "Groupie" verdienen, mühsam gehütete Geheimnisse eitel ausposaunt werden, kann es sogar geschäftsschädigend werden – oder? Davon sind zumindest die Marketing-Abteilungen zahlreicher Freizeitparks überzeugt, die nur ungern zu viel zu früh verraten wollen. Erst kurz vor der Eröffnung soll der große Wumms, der so genannte "media impact", passieren und möglichst alle Medien gleichzeitig und konzentriert über die neue Attraktion berichten. Davor wird meist so getan, als gäbe es überhaupt keine Pläne für die Zukunft, ja, als wäre da gar nichts in der Pipeline. Dumm-di-dumm – warum? Tja, so lernt man es eben auf deutschen Unis. So steht es wohl in den Büchern. Doch in Freizeitparks gehen die Uhren eben anders – denn hier kommt, viel mehr als in anderen Wirtschaftszweigen, der Faktor "interessierter Kunde" hinzu. Und der ist vor Ort – und unberechenbar. Ein Heer von potentiellen Industriespionen, bewaffnet mit Digitalkameras und DSL-Anschlüssen, hat der Geheimhaltung den Kampf angesagt – ein Kampf, der von den Parks meistens verloren wird, denn kein Bauzaun ist hoch genug um die rasenden Reporter der Fan-Foren abzuhalten. Was also tun?

Eine totale Abschottung, das haben verschiedene Fälle in der Vergangenheit gezeigt, ist erstens kaum umzusetzen und zweitens nicht anzuraten. Denn die Fans sind auch ein wichtiger Multiplikator, den man sinnvoll nutzen kann, ja sogar sollte. Parks in den USA oder England machen es vor. Dort wird gemeinhin nicht auf ein Totalembargo gesetzt, sondern vielmehr häppchenweise immer mehr verraten. Dort werden Info-Center gebaut, wo schon während der Bausphase vieles über die neue Attraktion erfahren werden kann. Dort läuft die Mundpropaganda-Maschinerie auf Hochtouren. Dort werden Freunde und Verwandte schon früh für die Neuheit heiß gemacht. Fazit: Dort bedient man sich eines kostenlosen und zuverlässig funktionierenden Marketing-Instruments. Und hier? Hier denkt man, Schweigen ist Gold. Von wegen!

Denn eines dürfte klar sein: Je schmallippiger und dünnhäutiger die Parks bezüglich der Infos zu einer im Bau befindlichen Attraktion sind, desto neugieriger und penetranter werden die Fans. Es wird also genau das Gegenteil von dem erreicht, was man eigentlich will. Weiterhin ist die teilweise schon als geradezu manisch zu bezeichnende Gluckerei auf den Informationen unnötig wie ein Kropf, denn wichtige Multiplikatoren würden wohl kaum auf die auch für sie selbst überlebenswichtige Berichterstattung verzichten, nur weil ein halbes Jahr zuvor mal ein wenig angeteasert wurde. Kein RTL dieser Welt macht zum falschen Zeitpunkt einen Aufmacher aus Internet-Informationen in Fanforen. Keine Zeitung kickt den Eröffnungs-Report, weil schon seit ein paar Monaten bekannt ist, was es wird. Also, liebe Verantwortlichen hierzulande: entspannt euch mal! Wir sehen uns im Park!





Bitte beachten
Die Texte der Kolumnen-Autoren sind deren persönliche Meinung und decken sich nicht zwangsläufig mit der Meinung der Redaktion Parkscout.

Autoreninfo Tim Herre

Tim Herre ist seit der Grundschulzeit absoluter Park- und Kirmesfan und in der deutschen Szene seit vielen Jahren eine feste Größe. In einschlägigen Freizeitpark-Foren ist Tim unter dem Pseudonym "The Knowledge" aktiv - und ebenso geliebt wie gehasst, geschätzt für sein Wissen und gefürchtet für seine spitze Feder. Dies wird noch zusätzlich durch die Tatsache aufgeladen, dass er nur selten gewillt scheint, ein Blatt vor den Mund zu nehmen. International bekannt ist er durch seine Tätigkeit als freier Autor des Fachmagazins "Kirmes & Park Revue" und als Buchautor für die parkscout Freizeitführer "Freizeitparks in Europa". Im täglichen Leben ist der deutsche Repräsentant des "European Coaster Club" Texter und Konzepter bei einer großen Düsseldorfer Agentur.

© Parkscout / TH