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Bitte beachten: Dieses ist ein klassischer Parkscout-Artikel, der bestmöglichst an das neue Layout angepasst wurde
26.05.2006 | Freizeitparks | Kolumnen

Murat da Bozz


Nur sechs Stunden nach der Eröffnung
Eigentlich sollten sich bei einer Kolumne Themen ja nicht wiederholen. Aus gegebenem Anlaß muß ich in dieser Woche jedoch leider mal wieder ein Problem ansprechen, das sich inzwischen zu einer Art "Dauerbrenner" entwickelt hat. Grund dafür ist die Eröffnung des neuen Themenbereichs "Deep in Africa" im Phantasialand für die normalen Parkbesucher am vergangenen Mittwoch. Dem geneigten Pressevertreter, der das Areal schon zwei Stunden früher ausführlich besichtigen konnte, schwante sicherlich schon Böses, als er die Meute, die nach der offiziellen Freigabe hineinströmte, beobachtete: Der Anteil an seltsamen Gestalten in Schlabberhosen, die mit einem lauten Gegrunze Richtung Kamerateams stürzten und dabei die typischen "Gangsta"-Gesten zelebrierten, und aufgetakelten Mädels im feinsten Tussi-Look war erschreckend hoch.

Nunja – daß ein nicht zu unterschätzender Teil unserer Jugend heutzutage gerne herumstolziert wie ein Gorilla im Kongo und 10 Jahre Knast zum erstrebenswerten Lebensziel erklärt, ist spätestens seit Rütli kein wirkliches Geheimnis mehr. Allerdings hat dieser sozial degenerierte Teil der neuen Generation etwas geschafft, was ich niemals für möglich gehalten hätte: In noch nicht einmal sechs Stunden wurden Teile des liebevoll gestalteten Wartebereichs der neuen Achterbahn "Black Mamba" dermaßen mit der Wucht des modernen Vandalismus getroffen, daß man sich wirklich fragen muß, ob so mancher Halbstarke seinen gesamten Verstand beim letzten Pisa-Test zusammen mit den Testblättern abgegeben hat.

Schmierfink was here
Man muß sich das mal vorstellen: Da gibt das Phantasialand 22 Millionen Euro aus, um seinen Besuchern einen Trip nach Afrika zu ermöglichen, und ein paar Deppen unter den Besuchern schaffen es doch tatsächlich, daß man sich an Stellen im Wartebereich fühlt wie in einer U-Bahn-Station in Berlin-Kreuzberg. Falls Sie sich nun fragen, wer zu solchem unsäglichen Unfug fähig ist, kann ich Ihnen sofort Namen nennen. Da haben wir zum Beispiel Großchecker Murat, der den anderen Besuchern unbedingt mitteilen mußte, daß er der Affenkönig im Brühler Dschungel ist: "Murat da Bozz" steht dort mit weißem Edding auf die Felswand geschrieben – voll krass, Alder! Und bevor man den Verdacht haben könnte, es wären eventuell nur unsere ausländischen Mitbürger, die sich nicht zu benehmen wüßten: Olli, Tim, Jan und Janine waren am 24.05.2006 ebenfalls auf der schwarzen Mamba, wie man dort in großen Lettern lesen kann. Nicht daß das irgendeine Sau interessieren würde – unser vermutlich deutsches Quartett scheint wohl eher eine Profilierungsneurose zu haben: Wer schon im realen Leben nichts zu melden hat, verschafft sich halt im virtuellen Afrika eine scheinbare Unsterblichkeit. Arme Würstchen, deren einzige Möglichkeit, auf sich aufmerksam zu machen, darin besteht, ihre persönlichen Stempel dort aufzudrücken, wo sie nicht hingehören.

Es bleibt zu hoffen, daß das Phantasialand schnellstmöglich darauf reagiert. Probleme dieser Art sind ja nicht wirklich unbekannt: Der Movie Park Germany kämpft beispielsweise schon seit Jahren gegen die dunklen Ritter des Ordens der Vandalen an – allerdings mit mäßigem Erfolg. Wer aber bislang glaubte, dies wäre eine Einzelerscheinung aufgrund der Lage des Filmparks mitten im Ruhrgebiet und der damit verbundenen sozial problematischen Klientel, muß sich eines Besseren belehren lassen: Asoziales Verhalten ist nicht vorwiegend eine Frage der geographischen Lage, sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem, das früher oder später die gesamte Republik erfassen wird.

Englische Freizeitparks, die mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hatten, zeigen schon lange, wie es geht: Dort stehen überall Schilder, welche die Besucher explizit darauf hinweisen, daß Vordrängeln und Vandalismus mit sofortigem Rauswurf geahndet werden – und dank einer großflächigen Videoüberwachung wird dies auch rigoros durchgezogen. Auf der Insel wäre Murat da Bozz vermutlich sofort von Security-Leuten aus dem Wartebereich gezogen worden, unter johlendem Beifall der anderen Wartenden hochkantig aus dem Park geflogen und hätte anschließend die Kosten zur Beseitigung der Schmierereien von seinem eigentlich für die neuesten Gangsta-Handyklingeltöne eingeplanten Taschengeld selbst tragen müssen. Wenn die deutschen Freizeitparks nicht jährlich Unsummen für Renovierungsarbeiten bezahlen wollen, wird ihnen mittelfristig kaum etwas anderes übrigbleiben, als es den englischen Kollegen gleichzutun.



Bitte beachten
Die Texte der Kolumnen-Autoren sind deren persönliche Meinung und decken sich nicht zwangsläufig mit der Meinung der Redaktion Parkscout.

Autoreninfo Mike Vester

Mike Vester beschäftigt sich bereits seit seiner Jugend mit dem Thema Freizeitparks / Kirmes und gehört heute zu den wichtigsten Autoren der Parkscout-Fachredaktion. Sein Hang zu Polemik und Übertreibungen ist zwar legendär, aber wer genau hinhört, merkt schnell, daß er mit seinem Motto "zeitlos, stillos, geschmacklos" zwischen den Zeilen immer genau den Punkt trifft. Der frühere Kleinkunst-Texter ist überzeugter Fan von allem, was mit dem Thema "Disney" zu tun hat und läßt dies auf seine liebenswert schrullige Art auch sicherlich öfter in seine Kolumne einfließen. In diesem Sinne also: Immer vester druff...

© parkscout/MV, Fotos: Daniel Warwas, Rainer Ziesche