Bitte beachten: Dieses ist ein klassischer Parkscout-Artikel, der bestmöglichst an das neue Layout angepasst wurde
21.09.2006 | Freizeitparks | Kolumnen
Vester vs. Herre Folge 7: Coaster Express
Immer freitags nahmen sich Mike Vester und Tim Herre eine Attraktion vor und "beschrieben" sie auf ihre gewohnt liebenswerte Art und Weise. Und das Beste daran: Sie, liebe Leser, durften sich für die Meinung eines der Kontrahenten entscheiden und auch Ihre Meinung dazu kund tun.
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Folge 7
Coaster Express
Die Holzachterbahn "Coaster Express" wurde im Jahre 2002 unter dem Namen "Wild Wild West" im spanischen Parque Warner eröffnet. Hergestellt von der "Roller Coaster Corporation of America", die zum Beispiel auch den früheren Namensvetter in der deutschen Warner Bros. Movie World oder "Son of Beast" in Ohio gebaut hatte, und entworfen vom berühmten Münchener Ingenieur Werner Stengel, gehört sie heute zu den beliebtesten Attraktionen des Filmparks bei Madrid. Mit einer Höhe von fast 38 Metern und einer Streckenlänge von rund 1.400 Metern zählt die Anlage zu den größten ihrer Art in Europa. Das Layout der Bahn ist dabei recht ungewöhnlich und zeichnet sich eher durch Helices und eine allgemein recht kurvenreiche (rund zwei Minuten dauernde) Fahrt bei gleichzeitigen Auf- und Abfahrten aus als durch die für einen Wooden Coaster sonst üblichen Streckenverläufe.
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Folge 7
Coaster Express
Die Holzachterbahn "Coaster Express" wurde im Jahre 2002 unter dem Namen "Wild Wild West" im spanischen Parque Warner eröffnet. Hergestellt von der "Roller Coaster Corporation of America", die zum Beispiel auch den früheren Namensvetter in der deutschen Warner Bros. Movie World oder "Son of Beast" in Ohio gebaut hatte, und entworfen vom berühmten Münchener Ingenieur Werner Stengel, gehört sie heute zu den beliebtesten Attraktionen des Filmparks bei Madrid. Mit einer Höhe von fast 38 Metern und einer Streckenlänge von rund 1.400 Metern zählt die Anlage zu den größten ihrer Art in Europa. Das Layout der Bahn ist dabei recht ungewöhnlich und zeichnet sich eher durch Helices und eine allgemein recht kurvenreiche (rund zwei Minuten dauernde) Fahrt bei gleichzeitigen Auf- und Abfahrten aus als durch die für einen Wooden Coaster sonst üblichen Streckenverläufe.
Mike Vester meint: |
Tim Herre meint: |
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Wartezeiten von rund zwei Stunden, vor Freude johlende und klatschende Menschen in einem Achterbahnzug und das alles im Parque Warner in der Nähe von Madrid: Nein, die Rede ist hier nicht von einem der beiden in Fankreisen hochgeschätzten Stahlungetümen der Schweizer Firma Bolliger & Mabillard, sondern vom vielgescholtenen Woodie des Parks. Warum diese Bahn unter den Freaks hierzulande so einen schlechten Ruf hat, verstehe ich bis auf die Ausnahme des wirklich völlig bescheuerten Namens dabei nicht so ganz. Klar, die Ausmaße von Coaster Express versprechen auf den ersten Blick sicherlich mehr als tatsächlich eingehalten werden kann: Die beliebte Airtime sucht man hier vergebens, und auch auf das bei Woodies häufig vorkommende ineinanderverschachtelte Design wurde hier mehr oder weniger komplett verzichtet. Allerdings muß das keineswegs heißen, daß die Bahn keinen Spaß macht – ganz im Gegenteil! Hat man sich erst einmal an den Gedanken gewöhnt, keinen allzu hohen Belastungen ausgesetzt zu sein, findet man eigentlich schon nach der zweiten Fahrt ziemlich schnell Gefallen an der recht ungewöhnlichen Konstruktion: Coaster Express ist nämlich durchaus flott unterwegs. Mit rund 80 Stundenkilometern donnert der Zug über die kurven- und hügelreiche Strecke, die noch dazu ausgesprochen lang ausgefallen ist. Was Kollege Herre, der normalerweise selbst auf einer kleinen Marienkäferbahn mit einem dicken Grinsen im Gesicht über die Schienen dümpelt, dazu bewegt, sich über diese Familienachterbahn im XL-Format zu echauffieren, kann ich mir eigentlich nur dadurch erklären, daß er durch das laute Gejohle seiner spanischen Mitfahrer dermaßen genervt war, daß dies sein Urteil stark geprägt haben muß. So verständlich dies auch sein mag, kann man den hohen Beliebtheitsgrad des Woodies bei den Besuchern und die damit verbundenen Dezibel-Belästigungen aber wohl kaum der Bahn anlasten. Wer Geschwindigkeit und eine kurvenreiche Streckenführung in Kombination mit familentauglichen Fahreigenschaften mag, kann die Begeisterung der Spanier jedenfalls schnell verstehen. Wem das wie Kollege Herre zu unthrillig ist, darf ja alternativ eine Runde mit Batman La Fuga drehen – und das in der Regel dank des Zuspruchs bei "Coaster Express" auch ohne nennenswerte Wartezeiten: So profitiert dann jeder von dem Woodie... | Einige Top-Achterbahnen bietet er, der Parque Warner Madrid. Stunt Fall, Batman – La Fuga, Superman – La Atraccion de Acero – alles Namen, die nicht nur die Coasterfans der iberischen Halbinsel einträchtig mit der Zunge schnalzen lassen. Aber der spanische Warner-Park hat leider auch die große hölzerne Langeweile im Programm, ursprünglich auf den Namen Wild Wild West hörend, jetzt aufgrund ausgelaufener Lizenzen auf den simplen Namen Coaster Express getauft. Optisch eine durchaus ansprechende Bahn, kommt beim Fahren irgendwie keine so rechte Freude auf: Der Coaster ist schlicht eintönig und bietet außer einer durchgehend hohen Geschwindigkeit so ziemlich nichts. Keine Airtime, keine überraschenden Richtungswechsel, keine Lateralkräfte. Coaster Express ist eine gigantische, 37 Meter hohe, 1400 Meter lange Nullnummer. Die spiralförmig abfallende Drop ist noch das Highlight, doch leider wird die gerade freigewordene Energie sofort wieder durch eine direkt anschließende Aufwärts-Helix gekillt. Selbstverständlich in der gleichen Richtung, im annähernd gleichen Radius und ohne irgendwelche Überraschungen. Die sich anschließenden flachen Drops mit dazwischen positionierten hohen Kurven bieten nichts außer Fliegen zwischen den Zähnen – selten wurde eine relativ große Höhe bei einer Bahn schlechter ausgenutzt. Und weil’s so "schön" war, gibt’s zum Ende hin nochmals das Ensemble aus Abwärts- und direkt anschließender Aufwärts-Helix vom Anfang – ganz so, als wäre den eigentlich versierten Achterbahn-Machern vom Ingenieurbüro Stengel nichts mehr eingefallen. Möglicherweise trifft die Herren aus München aber gar keine Schuld, und die Bahn wurde so in Auftrag gegeben, wie es das spanische Publikum gerne hat: groß, beeindruckend und nicht besonders fordernd im Fahrverlauf. Denn – das muss man der Anlage lassen – bei den Spaniern kommt sie gut an und sorgt öfters für Wartezeiten jenseits der 2-Stunden-Marke. Warum dann allerdings mit den drei in der Einleitung erwähnten Stahlcoastern absolute Thrillmaschinen angeschafft wurden, mit denen die ängstlichen Spanier schlicht nicht fahren wollen, wird wohl immer ein Geheimnis des Parks bleiben. Und schlussendlich darf man sich von der Vergötterung durch die luschigen Eingeborenen auch nicht irritieren lassen: Große, beeindruckende Woodies für die ganze Familie gehen anders, da hätten die Kollegen von Büro Stengel und Intamin nur mal im Heide-Park Soltau oder – wenn's etwas exotischer sein soll – im japanischen Tobu-Zoo vorbeischauen sollen, und an beiden Bahnen waren sie selbst beteiligt. Es hat nicht sollen sein – und deshalb steht die meiner Meinung nach gewaltigste Ressourcenverschwendung im spanischen Warner-Park. War ja irgendwie abzusehen, dass mein Freund Mike ausgerechnet die Bahn mal wieder gut finden muss ... |
Bitte beachten
Die Texte der Kolumnen-Autoren sind deren persönliche Meinung und decken sich nicht zwangsläufig mit der Meinung der Redaktion Parkscout.
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Autoreninfo Mike Vester
Mike Vester beschäftigt sich bereits seit seiner Jugend mit dem Thema Freizeitparks / Kirmes und gehört heute zu den wichtigsten Autoren der Parkscout-Fachredaktion. Sein Hang zu Polemik und Übertreibungen ist zwar legendär, aber wer genau hinhört, merkt schnell, daß er mit seinem Motto "zeitlos, stillos, geschmacklos" zwischen den Zeilen immer genau den Punkt trifft. Der frühere Kleinkunst-Texter ist überzeugter Fan von allem, was mit dem Thema "Disney" zu tun hat und läßt dies auf seine liebenswert schrullige Art auch sicherlich öfter in seine Kolumne einfließen. In diesem Sinne also: Immer vester druff...
Autoreninfo Tim Herre
Tim Herre ist seit der Grundschulzeit absoluter Park- und Kirmesfan und in der deutschen Szene seit vielen Jahren eine feste Größe. In einschlägigen Freizeitpark-Foren ist Tim unter dem Pseudonym "The Knowledge" aktiv - und ebenso geliebt wie gehasst, geschätzt für sein Wissen und gefürchtet für seine spitze Feder. Dies wird noch zusätzlich durch die Tatsache aufgeladen, dass er nur selten gewillt scheint, ein Blatt vor den Mund zu nehmen. International bekannt ist er durch seine Tätigkeit als freier Autor des Fachmagazins "Kirmes & Park Revue" und als Buchautor für die parkscout Freizeitführer "Freizeitparks in Europa". Im täglichen Leben ist der deutsche Repräsentant des "European Coaster Club" Texter und Konzepter bei einer großen Düsseldorfer Agentur.
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