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11.09.2013 | Magazin | Zoos und Tierparks

Wie plant man einen Zoo?


Oberflächlich betrachtet sieht die Planung eines neuen Zoobereichs sehr einfach aus: Man baue ein paar Gehege, setze die jeweiligen Tiere hinein und verbinde das Ganze mit einem Wegenetz. Fertig. Wirft man allerdings einen Blick auf die Aufgaben, mit denen sich ein moderner Zoo konfrontiert sieht, wird schnell klar, dass die Sache doch etwas komplizierter ist. Besucherinteressen, wirtschaftliche und wissenschaftliche Aspekte, Tierschutz und Sicherheit sind nur einige der Faktoren, die beim Bau einer neuen Anlage berücksichtigt werden müssen. Je nachdem können auch kommunale Interessen, Denkmalschutz und ähnliches eine Rolle spielen.

Gondwanaland im Zoo Leipzig © Zoo Leipzig

Kein Wunder also, dass es zur Planung und Ausführung ein wahres Sammelsurium an Experten braucht. Neben Architekten sind so häufig auch Landschaftsgärtner, Tierpfleger, Tierärzte, Bautechniker und weitere Spezialisten involviert. Nehmen wir nur einmal das Beispiel Gondwanaland im Zoo Leipzig. An der 2011 eröffneten Anlage waren das Architekturbüro Henchion Reuter Architects, die OBERMEYER Albis Bauplan GmbH (Entwurf), Eisenloffel Sattler Partner (Tragwerksplanung), die Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH (Stahlbau), das Brandschutzbüro Hahn, das Unternehmen Röntz Landschaftsarchitektur sowie diverse Fachleute des Zoos beteiligt.

Zusammen stellten sie sich der schwierigen Aufgabe, die Bedürfnisse von Zoo, Besuchern und Tieren zu vereinen. Das Konzept "Zoo der Zukunft", das bereits im Jahr 2000 beschlossen worden war, sah für das Gondwanaland eine geografische Einteilung mit Tieren aus Afrika, Asien und Südamerika vor, wobei die Tiere der einzelnen Kontinente, ganz ähnlich wie in den Themenbereichen "Afrika", "Asien" und "Südamerika" mit- oder nebeneinander gehalten werden sollten. Eine weitere Möglichkeit der Gehegeeinteilung ist die nach systematischen Kriterien. Auch sie ist im Zoo Leipzig zu finden, und zwar in Gestalt des Themenbereichs "Pongoland", in dem Affenarten unterschiedlicher Kontinente untergebracht sind.

Unterschiedliche Gestaltungen

Ist die Entscheidung zwischen geografischer und systematischer Anlage getroffen, steht die Gestaltung der einzelnen Gehege auf dem Stundenplan. Je nach der jeweiligen Tierart müssen Platzbedürfnis, Sozialverhalten (Einzel- oder Gruppenhaltung?), Größe, Fressgewohnheiten, Spielverhalten und weitere Eigenarten beachtet werden. Löwen haben eben andere Bedürfnisse als Flusspferde. Entscheidungen, die an dieser Stelle getroffen werden müssen, sind beispielsweise die Wahl der Bepflanzung oder der Ausstattung des Geheges mit Kletter- und Spielmöglichkeiten, denn auch die Unterhaltung ist ein großes Thema bei der Haltung von Zootieren.

Zoo Osnabrück

Die Tiere sollen sich nicht langweilen, sondern möglichst viele Beschäftigungsmöglichkeiten vorfinden. Dies wird zum einen während der täglichen Fütterung gewährleistet, wenn beispielsweise das Futter raffiniert vor den Tieren versteckt wird, durch Zugabe von Spielzeug, aber auch durch Unterhaltungsmöglichkeiten im Gehege selbst. Kaum eine Affenanlage kommt beispielsweise ohne Seile, Äste und Schaukeln aus, an denen sich die Primaten nach Herzenslust austoben können. Und an aktiven Tieren haben schließlich auch die Besucher mehr Freude, als an verhaltensauffälligen oder gelangweilten Vier- und Zweibeinern.

Und damit sind wir bei einem weiteren Aspekt der Gehegeplanung. Denn die Anlage muss selbstverständlich nicht nur ihren Bewohnern, sondern auch den Zoobesuchern gefallen. Dies bedeutet bei weitem nicht nur, dass sie an das Ursprungsland der Tiere erinnern und die Gäste damit in eine fremde Welt entführen sollte. Auch profanere Aspekte, wie die Sichtbarkeit der Tiere müssen optimal gewährleistet sein. Hierbei setzen die Zoos vor allem in jüngster Zeit immer mehr auf ungewohnte Perspektiven: Das Nilpferd beim Tauchen unter Wasser im Kölner Zoo oder der Regenwald von oben auf dem Baumwipfelpfad in Leipzig – die Besucher begeben sich fast unmittelbar in die Lebenswelt der Tiere. Bodentiefe Fenster, Aufzüge und barrierefreie Wege und Einrichtungen ermöglichen auch Menschen mit Behinderung das Abenteuer Zoobesuch und die Möglichkeit, in fast hautnahen Kontakt mit den Tieren zu treten.

Sichtbarkeit der Tiere

Zum Gefühl von Wildnis und Abenteuer, das viele Zoos bei ihren Besuchern wecken möchten, trägt natürlich nicht nur das Tiererlebnis an sich, sondern auch die Rahmenbedingungen bei. So spielt beispielsweise die Bepflanzung eine wichtige Rolle. Ein Faultier kommt eben nicht auf einer deutschen Eiche, sondern erst in einem tropischen Regenwald richtig zu Geltung. Und natürlich fühlt es sich auch nur hier so richtig wohl. Besucher- und Tierinteresse stimmen also in diesem Punkt überein. Das ist allerdings nicht immer so, wie ein Blick auf das Thema "Sichtbarkeit der Tiere im Zoo" zeigt. Besucher wollen in jedem Gehege möglichst viele Tiere sehen, die Tiere dagegen haben auch das Bedürfnis, sich den Blicken entziehen zu können. Die Planer sind hier also gezwungen, einen Kompromiss zu finden, der möglichst beiden Seiten gerecht wird.

Elefanten im Erlebnis-Zoo Hannover © Erlebnis-Zoo Hannover

Die Abwägung, ob man die Priorität nun auf den Besucher oder auf die Tiere legt, ist sicherlich nicht immer einfach. Zum Einen sollen sich die Tiere möglichst wohlfühlen, ein Ziel, das neben dem Tierschutz sicherlich auch wirtschaftliche Hintergründe hat. Kranke Tiere verursachen immerhin zusätzliche Kosten und schrecken mit Verhaltensauffälligkeiten zudem auch potentielle Besucher ab. Zum Anderen stehen daher auch die Besucherinteressen im Fokus der Zooplaner, denn eben diese Besucher sind es, die mit ihren Eintrittsgeldern, aber auch mit Spenden einen nicht zu unterschätzenden Teil der Finanzkraft des Zoos, und damit eine wichtige Grundlage für die finanzielle Existenz und nebenbei auch die Forschungsambitionen des Tiergartens darstellen.

Unterhaltung, Abenteuer, Nähe zum Tier – das ist noch lange nicht alles. Einen hohen Stellenwert nimmt auch das Thema "Sicherheit" ein. Zum einen die Sicherheit der Besucher und Tierpfleger vor gefährlichen Tieren, zum anderen aber auch die Sicherheit der Tiere selbst. Der erste Aspekt wird in modernen Zoos durch Gräben und andere Barrieren gewährleistet, die sich möglichst unauffällig in die Landschaft einfügen sollen. Natürliche Materialien, Glaswände und Wassergräben sind Gestaltungselement und Schutz zugleich, wohingegen die klassischen Gitterstäbe gerade bei neueren Anlagen größtenteils passé sind. Sie kommen dagegen dort zum Einsatz, wo Tierpfleger und Tier aufeinander treffen, wobei das Ausmaß des Vorhandenseins von Gittern auch von der Haltungsform abhängen kann.

Weitere Faktoren, die die Planer einer neuen Tieranlage berücksichtigen müssen, sind gesetzliche Vorgaben zu Brandschutz, Naturschutz, Tierschutz usw., Anforderungen betrieblicher Abläufe, bautechnische Besonderheiten sowie spezielle Vorgaben der betroffenen Städte, Kreise oder Kommunen. Blickt man auf all diese Anforderungen, so ist es kaum mehr verwunderlich, dass zwischen der ersten Idee zu einer neuen Anlage und ihrer Ausführung oftmals mehrere Jahre vergehen. Gut Ding will eben Weile haben.

© parkscout/US

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