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04.06.2014 | Interviews | Magazin | Zoos und Tierparks

Interview: Tigertempelgarten im Zoo Osnabrück


Vor wenigen Wochen wurde mit dem "Tigertempelgarten" die nächste Ausbaustufe des Angkor-Wat-Bereichs im Zoo Osnabrück für die Besucher frei gegeben. Gleich neben dem Affentempel entstand hier mit einer Investitionssumme von 1,1 Millionen Euro in weniger als zwölf Monaten ein eindrucksvolles neues Zuhause für zwei Sumatra-Tiger, das den Tieren ein Gelände von 1.200 Quadratmetern plus 230 Quadratmeter für einen zusätzlichen Mutter-Kind-Bereich bietet. Kurz vor der Eröffnung konnten wir mit Andreas Busemann, Geschäftsführer des Zoo Osnabrück, über die Realisierung des Projektes und die weiteren Planungen sprechen.

Andreas Busemann © Zoo Osnabrück

Parkscout: Als Thematisierungsansatz für eine fernöstliche Welt im Zoo Osnabrück wären ja viele Möglichkeiten denkbar gewesen – was gab letztendlich den Ausschlag, sich bei der Gestaltung an der bekannten Tempelanlage "Angkor Wat" in Kambodscha zu orientieren?

Andreas Busemann: Im Zentrum des Zoos existierte bis vor wenigen Jahren ein massiver "Betonklotz", auf dem wir Schweinsaffen präsentiert hatten. Dieser Affenfelsen war nicht zurück zu bauen – eine naturnahe Tierpräsentation schied damit aus. Da die Schweinsaffen aus Asien kommen und dort tatsächlich auch in Tempeln bzw. in Temperuinen leben, war die verwegene Idee schnell geboren, den Betonkörper durch eine Tempelruine, die in Form- und Farbgebung an Ankor Wat erinnert, zu überbauen.

Parkscout: Nach dem Bau des Affentempels, der im Jahre 2012 eröffnet wurde, dürfen die Gäste des Zoos nun zwei Sumatra-Tiger in dem neuen Tigertempelgarten von "Angkor Wat" bewundern. Woher stammen die beiden Tiere und wie wurden sie an die neue Umgebung gewöhnt?

Andreas Busemann: Die zweijährige Katze stammt aus dem Zoo Warschau. Der einjährige Kater kommt aus dem französischen Zoo Champrépus. Die beiden Tiere haben zunächst den Innenstall kennen gelernt, natürlich getrennt voneinander. Schließlich konnten sie einzeln die Außenanlage erkunden. Damit sie sich auch gegenseitig besser kennen lernen, konnten sie sich im Innenstall durch ein Gitter getrennt beschnuppern. Zudem haben wir sie die Ställe tauschen lassen, sodass sie den Geruch des anderen noch besser kennen lernen.

Bick in den Tigertempelgarten © Zoo Osnabrück

Parkscout: Über dem Tigertempelgarten befindet sich ein 19 Meter langer und fünf Meter hoher Aussichtssteg – ein ähnliches Konzept wurde ja bereits im "Kajanaland" realisiert. Welche Vorteile bringt ein solcher Steg für die Gäste und vielleicht auch für die Tiere?

Andreas Busemann: Wir versuchen unseren Gästen möglichst viele Perspektivwechsel zu verschaffen. Unsere waldig-hügelige Topografie bietet hier tolle Möglichkeiten, die wir durch die Stegesysteme nutzen. Mithilfe der Stege können die Besucher die Tiere ohne störende Gitter beobachten und sind sozusagen mittendrin im Tierleben.

Parkscout: Der Bau des Tigertempelgartens wird mit einer Investitionssumme von 1,1 Millionen Euro beziffert, was angesichts des Ergebnisses sehr günstig erscheint. Wie schaffen Sie es, die Kosten trotz höchster Qualität so niedrig zu halten?

Andreas Busemann: Es ist für mich ein großes Glück, mit Detlef Gehrs einen wirklich begnadeten Gestalter kennen gelernt zu haben, der tolle Entwürfe erarbeitet und diese dann mit unserer Mannschaft realisiert. Wir planen und gestalten unsere Anlagen im wesentlichen selbst. Nur der Rohbau wird vergeben. Zudem erhalten wir von Zoopartnern teilweise kostenlos, zumindest aber stark reduziert alle wichtigen Baustoffe.

Parkscout: "Angkor Wat" soll ja mit dem Umbau des benachbarten Menschenaffenhauses im Jahre 2016 abgeschlossen sein. Können Sie vielleicht schon etwas über das nächste große Projekt, eine nordamerikanische Landschaft, erzählen?

Tigerin "Diana" © Zoo Osnabrück

Andreas Busemann: "Angkor Wat" wird auch 2016 noch nicht ganz abgeschlossen sein. Wir wollen die unmittelbar angrenzende Elefantenanlage, auf der wir jetzt ebenfalls asiatische Elefanten halten, ebenfalls stilistisch in Richtung Angkor Wat weiter entwickeln. Nordamerika ist für uns ein ganz wichtiges Thema, da wir ein circa fünf Hektar großes, waldumsäumtes und hügeliges Areal haben, auf dem wir bislang Tiere aus unterschiedlichsten Regionen in eher "althergebrachten" Gehegen relativ lieblos präsentieren. In dieser tollen Topografie sollen dann szenischen Darstellungen von Siedler- und Indianermotiven als ideale Bühnenbilder fungieren. Beispielsweise soll dann ein "Apachenpfad" durch die Baumkronen – ebenso wie ein Claim, der u.a. Einblicke in die Schlafhöhle von Bibern ermöglicht – die von uns als wichtiges Stilelement vorgesehenen Perspektivwechsel für die Besucher ermöglichen.

Parkscout: Sehen Sie den Zoo Osnabrück eher in der modernen Tradition der Erlebniswelten nach dem Vorbild von Hannover oder auch Leipzig? Und hat sich die Abkehr von der traditionellen Gestaltung von Gehegen positiv auf die Besucherzahlen ausgewirkt?

Andreas Busemann: Die aktuellen Planungen zeigen ja deutlich, wie stark wir auf "Erlebniswelten" setzen. Hannover war da mit Herrn Machens der Vorreiter, der nicht nur uns, sondern auch viele andere Zoos beeinflusst hat. Daraus mache ich gar keinen Hehl. Wichtig ist nur, dass man diesen Weg dann mit eigenständigen Ideen geht, die auch zum finanziellen Rahmen passen. Das gilt für uns ganz besonders, da wir im Gegensatz zu den meisten anderen Zoos kaum kommunal bezuschusst werden. So entstehen dann aber Ideen wie der in dieser Form einmalige unterirdische Zoo, der dann auch noch fast komplett durch renommierte Stiftungen finanziert wurde und als erste stimmige Erlebniswelt die Besuchszahlen deutlich steigerte und insbesondere die touristische Strahlkraft des Zoos positiv befeuerte.

Der Artikel wurde zuerst veröffentlicht in unserem Print-Magazin parkscout|plus

© parkscout/MV

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